Bildgedichte

Bildgedichte, die oft auch als Gemäldegedichte bezeichnet werden, sind lyrische Texte, die mit Werken der Bildenden Kunst in Verbindung stehen. Für die Ausführung gibt es verschiedene Möglichkeiten – es kann sein, dass ein Bildgedicht beispielsweise durch ein Kunstwerk angeregt wird, dass also die bildliche Vorlage einen Autor inspirierte, ein Gedicht zu schreiben. In diesem Fall ist die Verbindung zwischen Bild und Text eher lose und beruht auf einer subjektiven Grundlage. Anders verhält es sich hingegen, wenn ein Autor die Absicht verfolgt, mit seinem Gedicht eine Beschreibung beziehungsweise eine Interpretation einer Bildquelle zu verdeutlichen. Hierbei sollen die Bezüge zwischen Bild und Text nicht nur individuelle Eindrücke vermitteln, sondern müssen allgemein nachvollziehbar sein.

Als Ursprünge der Bildlyrik gelten griechische Statuen-Epigramme. Das Wort Epigramm bedeutet übersetzt „Aufschrift“ und bezogen auf vorchristliche Jahrhunderte und in Verbindung mit Griechenland versteht man darunter meist Grabinschriften sowie einfache Aufschriften auf Standbildern oder Statuen. Die Römer dagegen erweiterten die Epigrammkunst, bauten sie zur Kurzpoesie aus und ließen satirische Züge in ihre Werke einfließen. Äußere Form und Inhalt des Epigramms wurden in den folgenden Jahrhunderten teilweise stark verändert – man wich zunehmend von der Distichenform (Doppelverse) ab und erweiterte die Themen. Besonders bekannt sind die antithetischen Epigramme aus der Literaturepoche des Barock.

Ebenfalls in die Kategorie der Bildgedichte gehört das Figurengedicht. Beim Figurengedicht formt der Text ein Bild, das heißt, die Wörter oder Buchstaben sind so angeordnet, dass sie eine Figur ergeben. Ein Figurengedicht ist mit etwas Kreativität leicht selbst herzustellen. Dabei muss es sich um keine lyrischen Meisterwerke handeln, entscheidend ist vielmehr der optische Eindruck, das stimmige Verhältnis zwischen Text und Bild. Nicht selten genügt die Verwendung eines einzigen Wortes: Nimmt man zum Beispiel das Wort „Apfel“ und reiht die Buchstaben des Wortes in der Form eines Apfels immer wieder aneinander, erhält man schnell ein visuell ansprechendes Figurengedicht. Ein berühmtes Beispiel für ein barockes Figurengedicht ist das Gedicht mit dem Titel „Eine Sand-Uhr“ von Theodor Kornfeld. Der Text ist dabei in Form einer Sanduhr angeordnet.

Im Barockzeitalter entstand eine Vielzahl an Bildgedichten, aber spätestens im 19. Jahrhundert verlor diese lyrische Form an Bedeutung und existierte nur noch als Randerscheinung. Wenn man ein Bildwerk in Dichtung umsetzte, sprach man nun von einem Gemäldegedicht. Viele Dichter nahmen tatsächlich berühmte Gemälde als Vorbilder für wortplastische Beschreibungen – Michelangelos Kunstwerke waren zum Beispiel eine beliebte Inspirationsquelle. Allerdings sind manche dieser Bildgedichte schon eher der Gattung Dinggedicht – die sich im 19. Jahrhundert etablierte – zuzuordnen, da Idee und Beschreibung des Dings bei ihnen in den Vordergrund rücken.

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