Hochzeitslied von Johann Wolfgang von Goethe

Im Schlafgemach, fern von dem Feste, sitzt Amor dir getreu und wacht, dass nicht die List mutwill'ger Gäste das Brautbett dir unsicher macht. Er harrt auf Dich. Der Fackel Schimmer umglänzt ihn, und ihr flammend Gold treibt Weihrauchdampf, der durch das Zimmer in wollustvollen Wirbeln rollt. Wie schlägt dein Herz beim Schlag der Stunde, der deiner Gäste Lärm verjagt! Wie blickst du nach dem schönen Munde, der dir nun bald nichts mehr versagt. Du gehst, und wünschend geht die Menge; ach wer doch auch so glücklich wär'! Die Mutter weint, und ihre Strenge hielt' gern dich ab und darf nicht mehr. Dein ganzes Glück nun zu vollenden, trittst du ins Heiligtum herein; die Flamme in des Amors Händen wird wie ein Nachtlicht still und klein. Schnell hilft der Schalk die Braut entkleiden und ist doch nicht so schnell wie du, sieht euch noch einmal an, bescheiden hält er zuletzt die Augen zu.

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