Freundschaft von Joachim Ringelnatz

Erster Teil Es darf eine Freundschaft formell sein, Muss aber genau sein. Eine Freundschaft kann rau sein, Aber muss hell sein. Denn Allzusprödes versäumt oder verdirbt Viel. Weil manchmal der Partner ganz plötzlich stirbt. Mehr möchte ich nicht darüber sagen. Denn ich sitze im Speisewagen Und fühle mich aus Freundschaft wohl Bei »Gedämpfter Ochsenhüfte mit Wirsingkohl«. Zweiter Teil Die Liebe sei ewiger Durst. Darauf müsste die Freundschaft bedacht sein. Und, etwa wie Leberwurst, Immer neu anders gemacht sein. Damit man's nicht überkriegt. Wer einmal den Kanal Überfliegt, Merkt: Der ist so und so breit. Und das ändert sich kaum In menschlein-absehbarer Zeit. Wohl aber kann man dies Zwischenraum Schneller oder kürzer durchqueren. Wie? Das muss die Freundschaft uns lehren. Ach, man sollte diesen allerhöchsten Schaft, Immer wieder einmal jünglingshaft Überschwänglich begießen. Eh' uns jener ausgeschlachtete Knochenmann dahinrafft.

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